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Meine Famulatur am THI – Teil 2

Meine Famulatur am THI – Teil 2

Hier geht es zum ersten Teil des Erfahrungsberichts:

Meine Famulatur am THI – Teil 1

Tag 2

Ich stand um 6.00 Uhr morgens auf, betete Fajr und nahm ein kleines Frühstück zu mir und fuhr zum Krankenhaus. Erneut saß ich im Admin Bereich und wartete auf die Ankunft von Prof. Dr. Nuri. Er kam und grüßte alle Anwesenden, ging in sein Büro und danach folgte ich ihm ins Kathetherlabor. Den Abend davor verbrachte ich damit, zu lernen, deshalb kam ich mir heute nicht unvorbereitet vor.

Der zweite Tag verlief viel sanfter, da ich zumindest mit dem Tagesablauf vertraut war. Ich verbrachte den ganzen zweiten Tag im Kathetherlabor, beobachtete und lernte aus erster Hand von Prof. Dr. Nuri. Je mehr Zeit verging, desto wohler fühlte ich mich. Die Angst von Prof. Dr. Nuri geprüft zu werden, war dennoch da. Dennoch überwiegte der Vorteil, von ihm lernen  zu können.

Nach meinem Dienst im Krankenhaus verbachte ich die Zeit mit Lernen und damit, den Plan für die nächsten Wochen zu erstellen. Nachdem ich Prof. Dr. Nuri für einige Tage bei seinem Dienst beobachtete, entschied ich mich noch ein paar weitere Tage mit ihm zu verbringen. Danach wollte ich in die ECHO/EKG Abteilung und auf die chirurgische Intensivstation, ITS.

Durch Prof. Dr. Nuri lernte ich, wie man ein Elektrokardiogramm, EKG, zu lesen hat und wie man bestimmte Diagnosen stellt. Die EKG Lehrstunde begann mit dem berühmten „A.Fib“, atrial fibrillation, auf Deutsch Vorhofflimmern, eine Herzrhythmusstörung. Hierfür erstellte er mir einen Zettel, den er mir angewiesen hat, für immer aufzubewahren. Auf diesen Zettel zeichnete er Punkte ein, diese waren die Spitzen der R-Zacken auf dem EKG. Typisch bei Vorhofflimmern ist, dass der Abstand zwischen den QRS-Komplexen unregelmäßig ist. Ursachen für Vorhofflimmern können: MVD – mitral valce disease, IHD – ischemic heart disease, HHD – hypotension und Perikarditis sein.

Nun würde ich gerne interessante Lektionen anführen, die ich in der Zeit mit Prof. Dr. Nuri lernen durfte.

Lektionen aus dem Katheterlabor

  1. Während eines Eingriffs im Katheterlabor nutze Prof. Dr. Nuri einen temporären Schrittmacher, um die Herzfrequenz zu steigern. Dies hat den Vorteil, dass sich die Bewegung des Herzens minimiert. So kann der Stent viel leichter an der richtigen Stelle platziert werden.
  2. Die A. coronaria dextra, eine Koronararterie, ist u.a. für die Versorgung für den Sinusknoten und AV-Knoten zuständig. Der Sinusknoten und AV-Knoten sind die Taktgeber des Herzens. Ein Ausfall dieser beiden, kann zum plötzlichen Herztod führen.
  3. Dann sahen wir einen Fall bei dem eine R. circumflexus Obstruktion vorlag, was zu einer retrograden Füllung führte. Dies sei ein Beweis dafür, dass auch zwischen den Endarterien eine Anastomose besteht. Prof. Dr. Nuri sieht diese Anastomosen als Beweis für Allahs Gnade. Anastomosen werden durch sportliche Aktivität, Diät und gutem Lebensstil erweitert und stellen einen Plan B für den Menschen dar.
  4. Während der Eingriffe im Katheterlabor kam es bei einem Patienten zu ST-Streckenhebungen. Diese werden durch das Nitrat verursacht, welches bei solchen Eingriffen verwendet wird.
  5. Ein weiteres sehr interessantes Detail, von dem mir Prof. Dr. Nuri erzählte, war die „silent angina“, welches bei Patienten mit Diabetes mellitus gefunden wird. Die Polyneuropathie führt dazu, dass diese Patienten nicht die typischen Symptome, z.B. Schmerzen in der Brust, einer Angina entwickeln, die bei Patienten mit einem Herzinfarkt typisch sind.
  6. Tachykardie, eine Herzfrequenz von über 100/ min, kann viele verschiedene Ursachen haben u.a. Angst, Schilddrüsenüberfunktion, Sport, Infektion und Herzerkrankungen.

 

Fallbesprechung mit Prof. Dr. Nuri

Ein 30 Jahre alter Patient wurde vorstellig mit der für eine AV-Defekt typischen Klinik. Ein Atrio-ventrikuläre Septumdefekt ist ein angeborener Herzfehler, bei dem die Membran zwischen den beiden Vorhöfen im Herzen nicht vollständig verschlossen ist, sodass Blut aus dem linken Vorhof in das rechte Vorhof strömen kann. Prof. Dr. Nuri führte eine TEE, transoesophageale Echokardiographie durch, um die Diagnose zu sichern und die Größe des Defektes auszumessen. Im Anschluss wurde ein Röntgen-Thorax angeordnet, um ein besseres Bild von dem Zustand des Patienten zu bekommen. Außerdem sollte ich das Herz des Patienten auskultieren, wobei ich ein sehr prominentes Herzgeräusch hörte.

Im Anschluss daran gingen wir in das Büro von Prof. Dr. Nuri, wo wir diesen Fall sehr ausführlich besprachen. Wir begannen mit dem gespalteten zweiten Herzton, der bei der Atmung physiologisch gespalten, jedoch bei einem vorliegenden AV-Defekt „fixiert“ gespalten ist, also unabhängig von der Atmung. Diese Spaltung kommt davon, dass die Aortenklappe schneller schließt als die Pulmonalklappe. Physiologisch wird bei der Inspiration, Einatmung, der venöse Rückstrom zum rechten Herzen größer, sodass der rechte Ventrikel mehr Zeit braucht in der Austreibungsphase. Dies führt dazu, dass die Pulmonalklappe später schließt. Bei der Exspiration ist dies nicht der Fall. Bei einem Patienten mit AV-Defekt findet sich eine fixierte Spaltung des 2. Herztons, da über den AV-Defekt das rechte Herz mit einem größeren Volumen belastet wird.

Im Laufe der Zeit führt dies dazu, dass sowohl der rechte Vorhof als auch die rechte Kammer an Größe zunehmen. Das linke Herz bleibt dabei unverändert. Im EKG findet man aufgrund der Rechtsherzhypertrophie einen Steil- bis Rechtslagetypen bei solchen Patienten.

Im Röntgen sieht man eine vermehrte Zeichnung der Lungengefäße, auch pulmonale Hypertension genannt. Diese pulmonale Hypertension ist auch nach dem man den AV-Defekt behoben nicht mehr reversibel, rückgängig, und damit eine gefürchtete Komplikation.

Echo-Abteilung

In meiner kurzen Zeit in der Echo Abteilung wurde ich durch das kompetente Personal sehr schnell in die Grundlagen einer transthorakalen Echokardiographie eingearbeitet. Durch die hohe Anzahl der Patienten konnte ich sehr viel üben und auch einige interessante Krankheiten sehen.

VSD

Auf diesem Bild ist ein Ventrikelseptumdefekt (VSD) zu sehen. Dies ist ein angeborener Herzfehler, bei dem die Herzscheidewand zwischen den beiden Herzkammern nicht vollständig verschlossen ist.

 

Chirurgische Intensivstation

Meine letzten Wochen verbrachte ich auf der chirurgischen Intensivstation unter der Führung von Dr. Ali Mohammad Mumtaz, ein Herz-Thorax-Chirurg aus der USA. Er hat sich für 3 Jahre für ein Waqfe Arzi in Rabwah gemeldet.

Die Visite auf der Station begann um 08.00 Uhr morgens. Das ärztliche Personal bestand aus Dr. Ali, Dr. Qudsia und Dr. Hibba. Ich muss gestehen, dass ich meine Zeit auf der chirurgischen Intensiv sehr genossen habe. Nach fast 2 Wochen hatte ich mich im THI eingelebt und hatte ein fundiertes Wissen angesammelt, sodass ich mich in meiner Zeit auf der Intensivstation aktiv beteiligen konnte.

Dr. Ali war sehr daran interessiert, uns zu unterrichten, sodass jede freie Minute zum Unterrichten genutzt wurde. So profitierte ich in den letzten Wochen am THI sowohl durch die Unterrichtsstunden von Dr. Ali als auch durch das „Bed-side teaching“ am Patienten. Mein persönliches Highlight während dieser Zeit war, als ich bei einer Mitralklappenersatz-OP assistieren durfte. Die Mitralklappe befindet sich zwischen linken Vorhof und linker Kammer und ist eine der vier Klappen der Herzens. In Pakistan finden sich auch heute noch häufig Fälle des rheumatischen Fiebers. Eine der Spätfolgen dieser Erkrankung ist, dass die Mitralklappe geschädigt wird und nicht mehr richtig funktionsfähig ist, sodass eine Operation notwendig werden kann.

Persönliche Weisheiten

In den kurzen Pausen und persönlichen Meetings mit Prof. Dr. Nuri führte er auch Konversationen über den Glauben. Sein Glaube war immer präsent und das war für alle spürbar. Er erzählte mir davon, dass Hadhrat Massieh Maud (as) sagte, dass die Beobachtung eines Menschen sehr gut sein sollte. In meinem letzten Gespräch mit Prof. Dr. Nuri gab er mir einige Ratschläge für die Zukunft mit, er sagte mir, dass wir Menschen sehr oft vergessen, was wichtig ist im Leben. So neigen wir auch dazu, Familie und Verwandtschaft zu vernachlässigen. Er riet mir dazu, dass ich immer, wenn es notwendig ist, Mitgliedern meiner Familie und Verwandtschaft helfen sollte, vor allem denen, die der Hilfe am meisten bedürfen.  So konnte ich in meiner Zeit am THI sehr vieles mitnehmen, sowohl medizinisches Wissen als auch viele lehrreiche Gespräche mit Prof. Dr. Nuri.