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Medizinische Ahmadiyya Muslim Organisation
„Vor allem die Gesundheitsseminare sind sehr gut angekommen, und es gibt eine große Nachfrage dafür.“

„Vor allem die Gesundheitsseminare sind sehr gut angekommen, und es gibt eine große Nachfrage dafür.“

Atia Nuur Ahmad-Hübsch ist seit zwei Jahren Sadr Lajna Imaillah Deutschland. Maliha Malik arbeitet als Ärztin und als erste Vorsitzende der MAMO der Frauen. Im Interview erzählen sie über die Arbeit der Lajna Imaillah Deutschland sowie über die MAMO der Frauen, über Projekte und Hindernisse. Maliha Malik fordert: „Gebt niemals auf und arbeitet hart und setzt euch durch – durch Dua“. Sadr Sahiba sagt: „Es ist wichtig, dass es eine Plattform gibt, wo sich Frauen aus allen medizinischen Bereichen miteinander vernetzen können.“

MAMO der Frauen: Asslamualeikum wa rahmatullhi wa barakatohu liebe Sadr Sahiba, Frau Atia Nuur Ahmad-Hübsch und Frau Maliha Malik, Vorsitzende der MAMO der Frauen. Jazakillah ahsanaljaza, dass Sie sich die Zeit genommen haben, um Fragen über die Lajna Imaillah und die MAMO der Frauen zu beantworten.

Atia Nuur Ahmad-Hübsch, Sadr Lajna Sahiba:  Waleikum salam wa rahmatullah

Maliha Malik, Vorsitzende der MAMO der Frauen: Waaaleikumussalam w.w.

MAMO der Frauen: Die MAMO der Frauen gibt es nunmehr seit fast 2 Jahren. Sie haben die Begründung der MAMO für Frauen mit unterstützt. Wie hat Ihnen die Entwicklung der Organisation bisher gefallen?

Sadr Lajna Sahiba: Alhamdolillah hat die MAMO für Frauen sich sehr zügig und gut entwickelt und schon in kurzer Zeit viele Mitglieder gewonnen und zahlreiche Aktivitäten durchgeführt. MashaAllah.

MAMO der Frauen: Frau Maliha Malik, Sie sind die erste Vorsitzende der MAMO für Frauen. Was machen Sie beruflich? Erzählen Sie über die Arbeit in der MAMO für Frauen. Wer engagiert sich in dieser Vereinigung? Welche Projekte verfolgen Sie aktuell?

Vorsitzende der MAMO für Frauen: Es wurden bereits mehrere Projekte gestartet und einige sind noch in der Planung. MAMO Blog ist auch eines davon. Darüber hinaus gibt es das medhelp-Projekt, die Gesundheitsseminare, Auslandseinsätze, Blutspendeaktionen und einige Informationsbroschüren, die bereits als Projekte angelaufen sind. Ich würde auch unsere Social Media Präsenz, die noch durchaus ausbaufähig ist, als Projekt bezeichnen. Das medhelp@lajna.de Projekt soll den Frauen die Möglichkeit bieten, sich per Email Informationen einzuholen. Die Gesundheitsseminare, die bundesweit veranstaltet werden, sind eine Möglichkeit zur Aufklärung, Prävention und auch zur Beratung durch unsere Ärztinnen. InshAllah sind zwei Auslandseinsätze geplant. Ich bitte um Dua für beide Einsätze.

Die Medizinische Ahmadiyya Muslim Organisation soll all die Lajna zusammenbringen, die im Medizinbereich tätig sind oder es sein werden. Außerdem ist diese Organisation auch dazu da, um unseren Nachwuchs, welches ebenfalls dann in der Medizin tätig sein soll und forschen soll, zu fördern. Der Dienst am Menschen soll ins Zentrum des Handelns in der Medizin rücken. Vieles von dem, was die Medizin ausmachen sollte, geht verloren, da Einflüsse existieren, die die Heilkunst, zweckentfremden. Es soll nicht um eine Person oder einen Status oder gar um Prestige gehen, sondern einzig und allein um die Heilung. Die Muslime haben die Weichen für die heutige Medizin gestellt. Aber so nach und nach sind sie aus der Wissenschaft verschwunden. Das muss sich ändern, da die Muslime aufgrund ihres Glaubens eine Form der Nächstenliebe hegen sollten, die ihresgleichen sucht.

Was mich selbst betrifft, so bin ich seit 2015 Ärztin. Ich habe im Saarland und in Lübeck studiert. Mein Interesse galt nicht nur der Medizin, sondern auch der Philosophie und der Evangelischen Theologie. Derzeit bin ich in der Weiterbildung zur Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie.

MAMO der Frauen: Wieso ist eine Medizinische Organisation für Frauen notwendig?

Sadr Lajna Sahiba: Es ist wichtig, dass es eine Plattform gibt, wo sich Frauen aus allen medizinischen Bereichen miteinander vernetzen können, um sowohl durch Erfahrungsaustausch voneinander lernen zu können als auch gemeinsam Kräfte bündeln und Projekte durchführen zu können, die neben unseren Frauen in der Jama’at  auch der Allgemeinheit zugutekommen. Zudem können sich Frauen dann auch gezielt auf Themenbereiche konzentrieren, die vorrangig Frauen betreffen, und ihnen die Möglichkeit bieten, einen Ansprechpartner zu haben, an den sie sich ungehemmt wenden können.

Vorsitzende der MAMO für Frauen: Wir brauchen mehr Menschen, die im medizinischen Bereich arbeiten und die sich NUR für den Dienst am Menschen interessieren. Ich wünsche mir, dass mehr Lajna in die Medizin gehen. Ob sie dies als Ärztin tun oder als Krankenschwester oder ob sie forschen oder Pharmazeutinnen sind oder ob sie Medizinische Informatik studieren – ganz egal welches Wissen und Fähigkeit sie sich aus der Medizin aneignen, wir brauchen jede Einzelne. Wir brauchen alle, um die Heilungschancen von Menschen zu verbessern. Wir könnten dies mit der Grundlage unseres Glaubens und unserer Erziehung in einem Maße tun wie kein anderer. Für Hybris ist dennoch kein Platz, denn offensichtlich haben wir bisher uns keineswegs hervorgetan.

MAMO der Frauen: Sie haben seit 2 Jahren das Amt der Nationalen Vorsitzenden der Lajna Imaillah Deutschland inne. Was ist das Ziel der Lajna Imaillah? Und welchen Platz hat die MAMO für Frauen darin?

Sadr Lajna Sahiba: Die Lajna Imaillah ist in ihrer Form einzigartig. Sie ist die älteste muslimische Frauenorganisation weltweit und bietet Frauen aller Altersgruppen und aus allen Lebensbereichen Möglichkeiten, sich sowohl religiös, spirituell und intellektuell als auch kreativ weiterzuentwickeln und fördert ihre Talente und Fähigkeiten jeglicher Facetten. Durch die verschiedensten Projekte und Aktivitäten bietet sie neben der religiösen Weiterbildung und Erziehung auch jeder Frau Gelegenheiten für ehrenamtliche Tätigkeiten, wodurch jede Frau sich einbringen kann und derart eine sinnvolle Beschäftigung finden kann.

Die MAMO für Frauen bündelt sozusagen einen Bereich und bietet ihren Mitgliedern neue Chancen. Durch die Nutzung der Infrastruktur der Lajna Imaillah kann  die MAMO ihre Projekte weitreichend bewerben, mühelos eine große Anzahl an Interessenten erreichen und gezielt Aktivitäten durchführen.

MAMO der Frauen: Welche Projekte sind für die Zukunft in Planung? Wo sehen Sie die MAMO der Frauen in zwei Jahren?

Sadr Lajna Sahiba: Zur Zeit wird an einigen Auslandseinsätzen gearbeitet, auch Gesundheitsseminare und Erste Hilfe-Kurse sind in Planung.

Durch die Gnade Allahs haben wir von Hazrat Khalifatul Massih klare Vorgaben bekommen, und diese umzusetzen ist jetzt die Aufgabe, die anzugehen ist. So hat Huzur-e-Aqdas (aba) darauf hingewiesen, dass es viel mehr Lajna Mitglieder geben sollte, die Medizin studieren. Dafür muss jetzt gezielt Aufmerksamkeit geweckt werden. Und wenn dann inshaAllah die Zahl der Medizinerinnen wächst, gibt es natürlich viel mehr Möglichkeiten und Aufgabengebiete für die MAMO der Frauen.

 

Vorsitzende der MAMO für Frauen: Einiges ist geplant. Vor allem wünschen wir uns noch mehr Lajna, die in der Medizin tätig sind. Es sollen mehr Lajna Medizin studieren.

MAMO der Frauen: Welche Resonanz erhalten Sie von den Lajna? Gibt es besondere Beispiele/Erlebnisse, die zeigen, dass die Arbeit der MAMO für Frauen ihre Ziele erreicht und die Lajna davon profitieren?

Sadr Lajna Sahiba: Bisher hat es durchwegs sehr positives Feedback gegeben. Sowohl von den Mitgliedern der MAMO als auch von den Mitgliedern der Lajna Imaillah, die von den Angeboten der MAMO profitieren. Vor allem die Gesundheitsseminare sind sehr gut angekommen, und es gibt eine große Nachfrage dafür.

Vorsitzende der MAMO für Frauen: Bisher gab es nur positive Resonanz. Lajna wollen mehr von uns. Sie wollen mehr Aufklärung und mehr Wissen haben. Es ist immer unbeschreiblich, Menschen zu sehen, die „plötzlich“ ihr Leben in die Hand nehmen und voller Lebensenergie voranschreiten und einen anlächeln und sich bedanken dafür, dass man für sie da war. Es ist immer besonders daran zu sehen, dass diese Menschen dann anfangen auch selbst anderen zu helfen. Es gibt nichts was einen glücklicher machen könnte, als anderen Gutes zu tun.

MAMO der Frauen: Der MAMO Blog ist am 01. August 2017 an den Start gegangen. Er soll in erster Linie als Informationsplattform dienen. Hier werden Gesundheitsseminare angekündigt und Informationen veröffentlicht, die inshaAllah dazu beitragen sollen, die Gesundheit der Lajna zu fördern. Zudem werden interessierte Lajna mit Erfahrungsberichten in Ihrer Berufswahl unterstützt. Wie finden Sie die Beiträge auf dem MAMO Blog und welche Themen könnten Ihrer Meinung nach noch angesprochen werden?

Sadr Lajna Sahiba: Die Beiträge sind sehr interessant und informativ. Vor allem Erfahrungsberichte sprechen die Leute sehr an, wohl auch, weil man merkt, dass man mit seinem Problem nicht alleine ist. Ich denke, man sollte sich umhören, welche Themen unsere Frauen besonders beschäftigen. Themen wie das Stillen, Vorsorgeuntersuchung und gesunde Ernährung sollten auch behandelt werden.

MAMO der Frauen: Muslimische Frauen und der Islam werden immer noch mit Unterdrückung und Extremismus in Verbindung gebracht, vor allem dann, wenn es um die Geschlechtertrennung/das Pardah geht. Wie versuchen Sie und die Lajna Imaillah diesem Vorurteil zu begegnen?

Sadr Lajna Sahiba: Es ist wichtig, Frauen zu stärken und Selbstbewusstsein zu fördern. Der Islam hat der Frau eine derart hohe Stellung gewährt, dass das Paradies zu ihren Füßen liegt. Unsere Stärken erkennen und sich nicht beirren lassen, sondern die tiefe Überzeugung auch nach außen zeigen, dass unser Glaube den optimalen Lebensentwurf bietet, das sind wichtige Aspekte, die sich jede Muslima bewusst machen sollte.

Aktuelle Debatten wie #MeToo oder #Aufschrei zeigen, dass Frauen weltweit auch im Jahr 2017 noch unter patriarchalischen Strukturen und Macho-Gehabe leiden. Der Islam bietet mit dem System der Geschlechtertrennung eine pragmatische und einfache Lösung, um ein Klima von Respekt und Würde für Männer und Frauen  in einer Gesellschaft zu schaffen.

Üblicherweise wird die Diskussion nur auf das Kopftuch reduziert und die Philosophie dieser Lehre nicht wirklich verstanden. Hier müssen wir – vor allem die Lajna Imaillah – noch viel Informationsarbeit leisten, damit Missverständnisse ausgeräumt werden können.

Generell gilt aber, dass vor allem Toleranz für verschiedene Lebensentwürfe herrschen muss, damit ein friedliches Miteinander in der Gesellschaft gewährleistet werden kann.

MAMO der Frauen: Gibt es Beispiele aus Ihrem Berufsalltag als Ärztin oder kennen Sie Ärztinnen, die Diskriminierung erleben? Wie gehen Sie damit um und was würden Sie einer Lajna empfehlen, die diskriminiert wird?

Vorsitzende der MAMO für Frauen: Oh ja Diskriminierung gibt es. Doch im Grunde habe ich persönlich und auch andere Ahmadi-muslimischen Ärztinnen immer gesehen, dass die Menschen, denen wir geholfen haben, anfangen die islamischen Frauen auch im anderen Licht zu sehen. Denn in diesem Fall hat man ja nicht nur geredet, sondern man hat gehandelt und die Handlung hat zu einer Linderung oder Beseitigung von Schmerzen geführt und da hört dann die Diskriminierung auf. Die Menschen fangen an zu sehen, dass unser Pardah und unser Glaube mit Gutem assoziiert werden kann. Mein Rat an alle Lajna ist: Gebt niemals auf und arbeitet hart und setzt euch durch – durch Dua.

MAMO der Frauen: Inwieweit kann die MAMO für Frauen dabei ausbalancierend wirken, eine Wahrnehmung der muslimischen Frau mit Pardah zum Positiven zu verändern?

Sadr Lajna Sahiba: Muslimas sollten als starke Frauen wahrgenommen werden, deren Glauben sie keineswegs daran hindert, sich aktiv für das Wohl der Gemeinschaft einzubringen und der Menschheit zu dienen. Nur wenn sie auch als Muslimas sichtbar sind in so wichtigen Bereichen wie Medizin und Wissenschaft, werden Vorurteile abgebaut werden können. Kopftuch bedeutet Unterdrückung?  – dieser Vorwurf kann vor allem dann widerlegt werden, wenn muslimische Frauen mit ihren Kompetenzen sichtbar sind und zeigen, dass das Kopftuch eben genau das bedeutet, dass man nicht über sein Äußeres wahrgenommen werden möchte, sondern die Fähigkeiten und innere Werte im Vordergrund stehen!

Vorsitzende der MAMO für Frauen: Die MAMO hat nicht nur was mit bloßem „Reden“ zu tun, sondern es muss, da wir eine Medizinische Organisation sind, auch gehandelt werden. Wir müssen Menschen Heilung und Linderung bieten können. Dies hat wiederum etwas damit zu tun, dass man aktiv etwas tut. Es wird eine Handlung sichtbar, die mit der islamischen Frau assoziiert wird und sie in einem positiven Licht zeigt, in welchem sie stehen muss. Wir islamische Frauen haben eine Stellung, die wir noch lange nicht ausgeschöpft haben. Wir sind starke Frauen, und die Welt wird irgendwann in die Geschichte zurückblicken und genau das bestätigen.

MAMO der Frauen: Jazakillah ahsanaljaza für das Interview.

Das Interview führte Samina Tabassum.