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Zahnärztin in Benin

Zahnärztin in Benin

Dr. med. dent. Marina Khan studierte Zahnmedizin an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz. Seit 2020 ist sie praktizierende Zahnärztin in einer Klinik in Koblenz. Im November 2021 unterstützte sie das Humanity First Team aus Deutschland in Benin im zahnmedizinischen Projekt „Dental Camp“.

Mamo Lajna hat mit ihr über ihren zweiwöchigen Aufenthalt in dem westafrikanischen Land gesprochen.

MAMO: Asslamualeikum Frau Dr. Khan, was hat Sie dazu bewegt, sich für den freiwilligen Dienst in Benin zu melden? Wurden Sie angefragt oder haben Sie die Initiative ergriffen?

Khan: Es war schon immer mein Wunsch, Menschen in Afrika zu helfen und zur Verbesserung ihrer Gesundheit beizutragen. Ich habe mir meinen Kindheitstraum mit Humanity First erfüllt. Ich hatte mich mehrmals bei Humanity First als Zahnärztin gemeldet und mein Interesse bekundet. Kurz darauf begab sich ein Ärzteteam auf den Weg nach Afrika, dem ich mich anschließen konnte. Alhamdulillah.

MAMO: Benin wird zu den Least Developed Countries (LDC), zur ärmsten Teilgruppe der Entwicklungsländer gezählt, die den niedrigsten Entwicklungsstand haben. Wie haben Sie sich auf den Aufenthalt vorbereitet?

Khan: Für ein Dental Camp muss sehr viel Vorarbeit geleistet werden, da man sehr viele unterschiedliche Materialien benötigt, die auch relativ teuer sind. Deshalb mussten wir zunächst Materiallisten erstellen, Kosten und Qualität vergleichen, Angebote einholen und Sponsoren anschreiben. Nach einem zeitintensiven Angebotsvergleich haben wir das Equipment bei verschiedenen Herstellern gekauft und in einer Zahnarztpraxis gesammelt. Dort wurden dann auch die Materialien und Instrumente eingraviert, desinfiziert und sterilisiert. Zuletzt wurde alles zusammen mit weiteren Sachspenden in die Koffer gepackt und nach Afrika transportiert. Die Vorbereitung ist das A und O im zahnmedizinischen Projekt, da man ohne die Ausstattung kaum behandeln kann.

MAMO: Sie waren zwei Wochen in Benin in einem Waisenhaus und zusätzlich einige Tage unterwegs an verschiedenen Schulen. Was konnten Sie in der kurzen Zeit für die Zahnpflege der Kinder vor Ort erreichen?

Khan: Man glaubt es nicht, aber man schafft sehr viel in den zwei Wochen. Ziel war es, Kindern in Schulen im Rahmen der Prophylaxe aufzuklären und für die Mundhygiene zu sensibilisieren. Wir haben den Kindern Zähneputzen beigebracht, Zahnbürsten und Zahnpasten verteilt und die Kinder, falls notwendig, behandelt. Auch haben wir die Lehrer geschult, damit sie das Wissen später auch an andere SchülerInnen weitergeben können.

MAMO: Freiwilligendienste werden im Allgemeinen auch immer wieder kritisiert, wie von der Bildungskampagne No White Saviors in einem kürzlich veröffentlichten Artikel auf zeit.de. Sie wären nicht nachhaltig und würden Abhängigkeiten stärken. Was haben Sie mit dem Projekt unternommen, damit sich die Menschen vor Ort selbstständig um ihre Gesundheit, in diesem Fall um die Zahnpflege kümmern?

Khan: Ganz nach dem Motto „Gib einem Menschen einen Fisch, und du ernährst ihn für einen Tag. Lehre einen Menschen zu fischen, und du ernährst ihn für sein Leben.“ Deshalb ist es uns wichtig, zusätzlich zu den Behandlungen das Wissen zu vermitteln, damit viele Erkrankungen vorgebeugt werden können und die Menschen sich selbst zu helfen wissen. Wir haben nicht nur behandelt, sondern unseren Schwerpunkt auch auf die Prophylaxe gelegt und versucht, Wissen über Mundhygiene zu vermitteln, damit die Kinder lernen, wie sie sich selbst vor Erkrankungen wie z.B. Karies schützen können. Des Weiteren haben wir auch die Lehrer involviert, die das Wissen an die nächste Generation und an die Eltern weitervermitteln sollen, damit durch die Aufklärung die Menschen nicht auf unsere Hilfe angewiesen sind. Durch das Lehren und Aufklären, aber auch durch das Behandeln der Zähne, ist es auf jeden Fall ein bleibender Beitrag zur humanitären Hilfe. Das hoffe ich zumindest.

MAMO: Wie haben Sie Ihren Aufenthalt finanziert?

Khan: Humanity First arbeitet mit Spendengeldern und finanziert die Projekte damit. Ich habe aber auch selbst für meinen Einsatz gespendet. Zusätzlich habe ich einen Spendenaufruf gestartet und für mein Projekt geworben und Spenden von Freunden und Bekannten gesammelt, aber auch sehr viele größere Firmen und Dentaldepots für Sachspenden angefragt, die mir das Material gespendet haben. Es ist sehr wichtig, sehr sorgfältig mit Spendengeldern umzugehen und das Maximum an Hilfe damit zu leisten, um den Interessen der Spender damit auch gerecht zu werden. Ich fand es sehr schön bei Humanity First, dass alle Ärzte/Ärztinnen ehrenamtlich beteiligt waren und man die Spenden ausschließlich für die Hilfe vor Ort einsetzen konnte.

MAMO: Wie haben Sie die Menschen in Benin erlebt?

Khan: Die Menschen freuen sich auf ärztlichen Besuch und Hilfe, und nehmen dafür teilweise auch lange Reisen auf sich. Sie sind nicht so schmerzempfindlich und haben weniger Angst. Auffällig fand ich, dass fast alle Kinder sehr gut kooperiert haben und keine Angst hatten, während ich erlebt habe, dass Kinder in Deutschland deutlich mehr Angst empfinden. Ich konnte an Kindern Behandlungen mit einer lokalen Anästhesie durchführen, die in Deutschland meist nur in Narkose möglich sind. Meine Wahrnehmung ist auch, dass die Eltern gelassener sind und es der Ärztin überlassen, während in Deutschland die Eltern viel aufgebrachter sind und vorher viel aufgeklärt werden, und die Eingriffe müssen hier mit deutlich mehr Aufwand verteidigt und gerechtfertigt werden.

MAMO: Sie haben in zwei Wochen mehrere Aufgaben erfüllt. Ist die psychische Belastung groß, auch wenn man in diesen Ländern das Leid der Menschen sieht?

Khan: Es ist ganz anders, als man denkt. Vor Ort konnten wir in zwei Wochen so vielen Menschen helfen, das gibt einem ein sehr schönes Gefühl und sehr viel Kraft, so dass man von keiner Belastung sprechen kann. Man muss für so eine Reise die Augen öffnen und die Segnungen sehen, die Allah in solche Reisen gelegt hat und die Gefühle zulassen. Und die Wunder, die man erlebt, muss man bewusst wahrnehmen. Das Lächeln der Kinder, nachdem sie behandelt wurden und die Dankbarkeit, die sie ausstrahlen, geben einem die Energie weiterzumachen.

MAMO: Was haben Sie von Ihrem Aufenthalt mitgenommen und möchten es anderen jungen Frauen mitgeben, die auch ein Waqf-e-Arzi leisten möchten?

Khan: Ich kann die Reise nicht in Worte fassen und die Bilder geben nicht das wieder, wie es in Wirklichkeit war, so schön ist es. Ich lege jedem ans Herz, diese Erfahrung zu sammeln, man muss nicht Arzt dafür sein. Des Weiteren würde ich jeder Frau empfehlen, auf jeden Fall den Ehepartner mitzunehmen. Mein Mann ist Ingenieur und hat bis zu diesem Zeitpunkt noch nie wirklich Einblick in meinem Beruf gehabt. Seit er mir geholfen und Einblicke in mein Berufsleben bekommen hat, weiß er es besser zu schätzen, was wir Ärzte/Ärztinnen leisten. (lacht)

Die Reise gibt einem so viel Glück, Kraft, innere Zufriedenheit, und stärkt innerlich. Wirklich eine Erfahrung, die man sich nicht erkaufen kann und die ich jedem nur ans Herz legen kann. Ich hätte niemals gedacht, dass diese Menschen, die so wenig besitzen, mir so viel mitgeben können und mein eigenes Leben so viel erfüllter und zufriedener wird. Alhamdulillah. Ich bin voller Kräfte zurückgekommen und will meine Hilfe auch in den nächsten Jahren wieder anbieten. Inshallah.

Das Gespräch führte Samina Tabassum.