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Spielend lernen, selbstbewusst und glücklich werden

Spielend lernen, selbstbewusst und glücklich werden

Spielen ist ein essenzielles Bedürfnis von Kindern und für deren Entwicklung so wichtig wie Schlafen, Essen und Trinken. Außerdem stellt das Spielen kein Zeitvertreib für Kinder dar, sondern muss als „Hauptsache“ angesehen werden. Darüber hinaus ist die Fähigkeit, Beziehungen zu knüpfen und zu erhalten, wesentlich für das Wohlbefinden von Menschen, die auch durch das Spielen erworben wird.

Die Welt mit „Kinderaugen“ sehen: Zu aller erst wird durch die spielerische Auseinandersetzung mit Gegenständen das Gehirn geschult, die über die Sinne wahrgenommenen Eindrücke zu verarbeiten. Alles wird zum Spiel, was die Händchen berühren, wie zum Beispiel das Fallenlassen von Gegenständen und deren Aufheben. So macht das Kind nebenbei eine Erfahrung über die Wirkung von Naturgesetzen, in dem Fall von der Schwerkraft. Solche kleine Spielchen lassen das logische Denken entstehen: Eine kleine Holzhütte zimmern, Figuren töpfern und formen, bemalen und das Forschen mit einem Experimentierkasten. Schlussfolgernd lässt sich sagen, dass durch die geistige Entwicklung das selbstständige Beobachten und Reagieren gefördert wird. Auch Rollenspiele sind interessant für Kinder ab dem 4 Jahr. Durch verschiedene Rollen, die im Alltag nicht vorzufinden sind, nehmen sie verschiedene Verhaltensmuster wahr, wie zum Beispiel, wenn sie fremde Galaxien erobern, Tiere verarzten und in der Schule in einer Theatergruppe mitwirken. In Rollenspielen können Kinder ohne Risiken und ohne eine Erwartungshaltung von außen verschiedene Rollen und Situationen ausprobieren und eine Menge Erfahrungen sammeln: Mal stehen sie auf der Seite der „Guten“, mal auf der Seite der „Bösen“, mal sind sie mächtig, beim nächsten Mal machtlos. In Rollen lernen Kinder, sich selbst besser kennen und lernen die Welt aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten.

So sind zum Beispiel im emotionalen Bereich folgende Fähigkeiten, die im Kindergarten erlangt werden können: erkennen, erleben und verarbeiten von Gefühlen, das Verarbeiten von Enttäuschungen, geringere Aggressionsbereitschaft, stärker ausgeprägte Belastbarkeit, größere Ausdauer, das Erleben einer größeren Zufriedenheit. Im kognitiven Bereich zeigen Kinder ein besseres logisches Denken, eine höhere Konzentrationsfähigkeit, bessere Gedächtnisleistungen, einen reichen Wortschatz, eine genauere Sprache, ein besseres Mengen-, Zahl-, Farb- und Formverständnis, eine größere Fantasie und ein klügeres Durchschauen von Manipulationsversuchen, um nur einige zu nennen.

Faszinierend ist die Tatsache, dass Kinder mit fünf Jahren etwa 80 Prozent ihrer Intelligenz schon entwickelt haben. Laut einer Studie sind die Kinder im Spiel am tüchtigsten und haben ihr höchstes Leistungsniveau. In einem Experiment wurde Kindern gesagt, sie sollten so lange stillstehen, wie sie nur könnten. Im Schnitt schafften sie das gerade zwei Minuten lang. Wenn man ihnen aber sagte, sie seien jetzt Ritter auf Wache, die strammstehen müssten, dann schafften sie es sieben Minuten. Bei Kindern werden die Fähigkeiten im Spiel intensiviert und so wird die Leistung gesteigert. Analysiert man das Kinderspiel genauer, so zeigt sich, wie viele unterschiedliche Strategien schon in einem einzigen Spiel „durchgespielt“ werden.

So wie das Spielen geistige und kognitive Fähigkeiten mit sich bringt, fördert es auch die körperlichen und motorischen Fähigkeiten. Kinder sind neugierig, testen ihren Körper aus, lernen durch Bewegung ihren Körper zu kontrollieren und ihre Geschicklichkeit zu verbessern, zum Beispiel durch laufen, klettern und Sport. Bewegung ist wichtig für das Kind, da sie das Herz-Kreislauf-System fördert und das Immunsystem stärkt. Ausreichend Bewegung festigt die Knochen und Gelenke des Kindes. Durch sportliche Aktivitäten bekommen Kinder eine raschere Reaktionsfähigkeit, eine bessere Motorik, Augen-Hand-Koordination und eine differenziertere Grob- und Feinmotorik, ein besseres Balance-Empfinden für ihren Körper sowie eine genauere Steuerung. Zudem trägt ausreichend Bewegung dazu bei, dass Kinder langfristig nicht mit Übergewicht zu kämpfen haben. Spielen und Bewegung an frischer Luft führen außerdem zu einem gesunden Appetit und tiefen Schlaf. Deshalb sollten Eltern dafür Sorge tragen, dass Kinder viel nach draußen gehen, toben, rennen, klettern und balancieren.

Soziale Kompetenzen des Kindes werden durch das gemeinsame Spielen gefördert. So lernt das Kind zum Beispiel Einfühlungsvermögen, Verantwortung zu übernehmen, Erfahrung für die Zukunft zu sammeln und Erlebnisse zu teilen. Durch den Austausch mit anderen Kindern oder Erwachsenen entwickeln sich allmählich Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen.  Außerdem lernen sie einander besser zuhören, haben ein geringeres Risiko, Vorurteile für andere zu haben. Spielen in der Gruppe führt zum einen zu einer besseren Kooperationsbereitschaft zum anderen zu einem höheren Verantwortungsempfinden, gleichzeitig werden auch Freundschaften gepflegt. Manchmal kann es zu Reibereien kommen, die das Kind herausfordern. In solchen Situationen muss das Kind einen Standpunkt aufzeigen, gleichzeitig Bedürfnisse des Spielpartners berücksichtigen, wodurch es lernt, mit Konfliktsituationen umzugehen und eine bessere Wahrnehmung über Gerechtigkeit zu entwickeln. Außerdem fördert das Spielen die Ausdauer und das Durchhaltevermögen, und die Frustrationstoleranz der Kinder mit der Zeit wird größer, weil sie unterschiedliche Situationen und Erfahrungen durchlaufen. Für das Erwerben der Frustrationstoleranz muss zum Beispiel das Verlieren bei Spielen gelernt werden, um „Niederlagen“ zu überwinden. Wenn sich das Kind an Regeln und Abmachungen halten muss, entwickelt es auch ein Regelverständnis. Bei Strategiespielen kann eine gewisse Handlungsplanung entwickelt und geübt werden.

Durch gemeinsame Aktivitäten wird der Zusammenhalt in der Familie gestärkt und eine bessere Kommunikation untereinander gewährleistet. Zudem freuen sich die Kinder, wenn Eltern mitspielen. Eine Redewendung, die in den USA bekannt ist, sei an dieser Stelle erwähnt: „A family that plays together, stays together“. Wenn wir Kinder beim Spielen zuschauen, erfahren wir viel über sie und ihr Weltverständnis. Wenn wir uns mit ihnen abgeben und uns auf die Welt des Spiels einlassen, investieren wir in eine gesunde Entwicklung des Kindes und in eine tragfähige und enge Beziehung.

Spielen sollte nicht vor vorneherein als Lernzweck gesehen werden, weil es bedeutet gemeinsam zu lachen und eine fröhliche Zeit miteinander zu verbringen. Eltern sollten genügend Freiraum schaffen, die Kreativität des Kindes ausleben lassen, dadurch wird Stress abgebaut und das Wohlbefinden und die Gesundheit werden gefördert. Man sollte sich von der Spontanität des Kindes mitreißen lassen, da ein unbeschwertes Spielen mit Kind auch bei Erwachsenen für Glücksgefühle sorgt.  Echtes Spielen geht immer vom Kind aus und bringt vor allem eins: jede Menge Spaß. Und ganz nebenbei lernen Kinder viele nützliche Dinge fürs Leben.

Abschließend lässt sich anmerken, dass Kinder im Spiel gerade die Fähigkeiten und Fertigkeiten lernen, die notwendig sind, um ein selbstständiges, selbstverantwortlicheres und teilautonomes Leben zu führen, Situationen zu entschlüsseln und mitzugestalten, Notwendigkeiten für ein soziales Verhalten zu erkennen und fremde sowie eigene Wünsche und Bedürfnisse miteinander abzuwägen. Allerdings – nur dann, wenn sie auf eine Pädagogik im Elternhaus und Kindergarten treffen, die ihnen auch die ganze Erfahrungsfacette des Spiels ermöglicht, sie gemeinsam mit Kindern erleben und lebendig in Spielhandlungen umsetzen. Entdeckungs- und Wahrnehmungsspiele, Gestaltungs- und Geschicklichkeitsspiele, Konstruktions- und Bauspiele, Steck- und Strategiespiele, Bewegungs- und Musikspiele, Finger- und Handpuppenspiele, Schatten- und Marionettenspiele, darstellendes Spiel und Interaktionsspiele, Aggressionsspiele zum Austoben und Ruhe-/Meditationsspiele, Rollen- und Emotionsspiele, Imitations- und spannende Planspiele, Märchen- und Mobilitätsspiele.